Die Übergabe an einen externen Nachfolger dauert im Schnitt 5 Jahre. Mehr als die Hälfte der Handwerker empfindet die Nachfolgersuche als größte Hürde. Dieser Leitfaden zeigt Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie Ihre Betriebsnachfolge erfolgreich meistern - von der Wertermittlung bis zum Übergabevertrag.
Warum die externe Betriebsnachfolge im Handwerk immer wichtiger wird
Sie haben Ihren Betrieb über Jahre aufgebaut - jetzt steht die Frage nach der Zukunft im Raum. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: In den nächsten fünf Jahren werden rund 125.000 Handwerksbetriebe einen Nachfolger suchen. Mehr als die Hälfte der Betriebsinhaber sieht dabei die Suche nach einem geeigneten Kandidaten als größte Herausforderung.
Die Zeiten, in denen der Sohn automatisch den Betrieb übernimmt, sind vorbei. Immer häufiger führt der Weg über eine externe Lösung. Das bedeutet: mehr Aufwand, aber auch mehr Möglichkeiten.
Wer seine Nachfolge Handwerk gut plant, sichert nicht nur die eigene Rente, sondern auch Arbeitsplätze und das Fortbestehen des Betriebs.
Wann Sie mit der Planung beginnen sollten
Mindestens fünf Jahre vorher anfangen
Eine externe Betriebsübergabe braucht Zeit - deutlich mehr als eine Lösung innerhalb der Familie. Experten raten zu mindestens fünf Jahren Vorlauf:
Jahre 1-2: Vorbereitung
- Betrieb "übergabereif" machen
- Unternehmenswert ermitteln
- Schwachstellen beseitigen
Jahre 3-4: Suche und Verhandlung
- Nachfolger suchen und prüfen
- Kaufpreis verhandeln
- Verträge ausarbeiten
Jahr 5: Übergabe
- Nachfolger einarbeiten
- Schrittweise zurückziehen
- Verantwortung übertragen
Wie beim Handwerk gilt: Gründliche Vorbereitung ist die halbe Miete. Je früher Sie anfangen, desto entspannter wird der Prozess.
Warum externe Lösungen zunehmen
Die Familiennachfolge wird seltener. Aktuelle Zahlen zeigen: Nur noch 45% der Betriebe sollen in der Familie bleiben. Bei einem Viertel ist die Nachfolgefrage völlig offen - hier bietet sich die externe Variante an.
Gründe dafür gibt es viele: Die Kinder studieren, wollen andere Wege gehen oder haben kein Interesse am Handwerk. Das ist völlig normal und kein Grund zur Sorge.
Wie Sie den richtigen externen Nachfolger finden
Die besten Suchstrategien
Die Suche nach dem passenden Nachfolger ist wie die Auswahl eines neuen Mitarbeiters - nur wichtiger. Diese Wege haben sich bewährt:
Nachfolgebörsen nutzen
- nexxt-change.org für ganz Deutschland
- Betriebsbörsen der Handwerkskammern
- Branchenspezifische Plattformen
Das eigene Netzwerk aktivieren
- Mit Kollegen, Lieferanten und Kunden sprechen
- Innungen und Verbände einbeziehen
- Auch faire Konkurrenten informieren
Professionelle Hilfe holen
- Unternehmensberater mit Handwerk-Erfahrung
- Spezialisierte Betriebsmakler
- Nachfolgeberater der Handwerkskammern
Worauf Sie bei der Auswahl achten müssen
Ein guter externer Nachfolger braucht verschiedene Qualitäten:
Das Handwerk beherrschen
- Meisterbrief oder entsprechende Qualifikation
- Berufserfahrung in der Branche
- Technisches Verständnis
Den Betrieb führen können
- Erfahrung mit Mitarbeitern
- Kaufmännisches Grundwissen
- Kundenorientierung
Finanziell solide sein
- Ausreichend Eigenkapital
- Seriöse Finanzierungsplanung
- Langfristig denkende Ausrichtung
Menschlich passen
- Zu Ihren Mitarbeitern und Kunden
- Zur Betriebskultur
- Zuverlässig und ehrlich
Nehmen Sie sich Zeit für mehrere Gespräche. Das Bauchgefühl ist genauso wichtig wie die Fakten auf dem Papier.
Was ist Ihr Betrieb wert? Die richtige Bewertung finden
Die Wertermittlung bereitet vielen Handwerkern Kopfzerbrechen. 40% sehen das als große Hürde. Dabei gibt es bewährte Methoden:
Bewährte Bewertungsverfahren
Das AWH-Verfahren (am häufigsten verwendet) Die Arbeitsgemeinschaft der Wert ermittelnden Berater im Handwerk hat ein spezielles Verfahren entwickelt. Es berücksichtigt:
- Was der Betrieb besitzt (Maschinen, Werkzeug, Fahrzeuge)
- Was er verdient (Gewinn der letzten Jahre)
- Welche Risiken bestehen (Kundenabhängigkeit, Standort)
- Wie wichtig der Inhaber ist
Das Ertragswertverfahren Hier zählt vor allem: Was kann der Betrieb in Zukunft verdienen? Besonders wichtig bei gut laufenden Unternehmen mit treuen Kunden.
Das Substanzwertverfahren Der Fokus liegt auf dem, was da ist: Maschinen, Werkzeug, Lager. Wichtig bei maschinenintensiven Betrieben.
Kostenlose Hilfe bei der Bewertung
Die Handwerkskammern bewerten Mitgliedsbetriebe kostenlos. Das ist eine gute Grundlage für Verhandlungen mit dem Nachfolger.
Unser Tipp: Verschaffen Sie sich vorab einen Überblick mit unserem kostenlosen Online-Rechner. In 10 Minuten bekommen Sie eine erste Einschätzung - basierend auf den gleichen Standards, die auch die Kammern verwenden.
Den richtigen Preis finden
Der Kaufpreis muss für beide Seiten stimmen:
- Zu teuer: Der Nachfolger kann sich übernehmen
- Zu billig: Ihre Altersvorsorge leidet
Die Faustformel: Der Betrieb sollte den Kaufpreis aus eigener Kraft erwirtschaften können, ohne dass die Substanz leidet.
Rechtliche Gestaltung der Übergabe
Verschiedene Übergabeformen
Je nach Situation gibt es unterschiedliche Wege:
Einzelverkauf (Asset Deal)
- Sie verkaufen einzelne Teile: Maschinen, Kundenstamm, Lager
- Klare Abgrenzung, was dazugehört
- Häufigste Form bei kleineren Betrieben
Anteilsverkauf (Share Deal)
- Verkauf von Geschäftsanteilen
- Relevant bei GmbH oder UG
- Der Nachfolger tritt in Ihre Position
Stufenweise Übergabe
- Erst Beteiligung, dann komplette Übernahme
- Sanfter Übergang für beide Seiten
- Weniger Risiko, mehr Zeit
Was in den Vertrag gehört
Ein guter Übergabevertrag regelt alles Wichtige:
- Was genau verkauft wird
- Wie viel es kostet und wann bezahlt wird
- Wer für was haftet
- Ob Sie Konkurrenz machen dürfen
- Was mit den Mitarbeitern passiert
- Wie lange Sie noch helfen
Sparen Sie nicht am Anwalt. Ein schlecht gemachter Vertrag kann später teuer werden.
Steuern sparen bei der Übergabe
Die Steuergestaltung kann viel Geld sparen:
Vergünstigungen nutzen
Ab 55 Jahren oder bei Berufsunfähigkeit gibt es Erleichterungen:
- 45.000 € steuerfrei
- Weitere 136.000 € mit reduziertem Steuersatz
Tipp: Den Gewinn über mehrere Jahre verteilen. Das vermeidet hohe Steuersätze.
Umsatzsteuer vermeiden
Wenn Sie den ganzen Betrieb verkaufen und der Nachfolger die gleiche Tätigkeit macht, fällt keine Umsatzsteuer an.
Professionelle Beratung lohnt sich
Steuerrecht ist kompliziert und ändert sich oft. Ein guter Steuerberater zahlt sich meist mehrfach aus.
So gelingt die praktische Übergabe
Den Nachfolger richtig einarbeiten
Bei externen Nachfolgern ist die Einarbeitung besonders wichtig. Planen Sie 6-12 Monate ein:
Monate 1-3: Lernen und verstehen
- Betriebsabläufe erklären
- Mitarbeiter vorstellen
- Kunden und ihre Eigenarten
- Lieferanten und Konditionen
Monate 4-6: Gemeinsam arbeiten
- Zu wichtigen Terminen mitnehmen
- Erste eigene Entscheidungen treffen lassen
- Bei Problemen zur Seite stehen
Monate 7-12: Selbständig werden
- Vollverantwortung übertragen
- Nur noch bei wichtigen Fragen helfen
- Für den eigenen Ausstieg vorbereiten
Mitarbeiter richtig informieren
Externe Nachfolger verunsichern die Belegschaft oft. Informieren Sie frühzeitig und ehrlich:
Was das Gesetz vorschreibt
- Mitarbeiter müssen über den Wechsel informiert werden
- Sie können widersprechen (haben aber meist keinen Grund)
- Ein Jahr lang können sie nicht gekündigt werden
Wie Sie es richtig machen
- Früh, aber nicht zu früh informieren
- Nachfolger persönlich vorstellen
- Mit wichtigen Mitarbeitern einzeln sprechen
- Betriebsversammlung für alle
Ehrlichkeit zahlt sich aus. Gerüchte sind meist schlimmer als die Wahrheit.
Antworten auf häufige Fragen
Wie lange dauert eine externe Nachfolge?
Rechnen Sie mit 3-5 Jahren. Die reine Suche nach dem Nachfolger dauert oft 1-2 Jahre.
Wie sind die Erfolgsaussichten?
Gemischt. Bei Familiennachfolgen sind 62% optimistisch, bei externen nur 47%. Grund: Es ist schwieriger, aber nicht unmöglich.
Was kostet der ganze Prozess?
Typische Beratungskosten liegen bei 5.000-15.000 €:
- Unternehmensbewertung: 2.000-5.000 €
- Anwalt: 2.000-4.000 €
- Steuerberater: 1.500-3.000 €
- Vermittlung: 2-5% vom Kaufpreis
Muss ich komplett aufhören?
Nein. Viele Nachfolger sind dankbar für eine zeitlich begrenzte Beratung. Wichtig: Klare Regeln und ein Enddatum vereinbaren.
Was ist mit der Finanzierung?
Typische Aufteilung bei externen Nachfolgern:
- 20-30% Eigenkapital
- 50-60% Bankkredit
- 20-30% Verkäuferdarlehen
Oft verlangen Banken, dass Sie sich an der Finanzierung beteiligen. Das zeigt Vertrauen in den Nachfolger.
Wie helfen die Handwerkskammern?
Die Kammern unterstützen umfassend:
- Kostenlose Unternehmensbewertung
- Vermittlung über Nachfolgebörsen
- Beratung durch Experten
- Prüfung der Qualifikationen
Was wenn sich niemand findet?
Dann haben Sie noch andere Möglichkeiten:
- Verkauf an Konkurrenten
- Zusammenschluss mit anderem Betrieb
- Schrittweise Verkleinerung
- Verpachtung von Teilen
Wichtig: Diese Szenarien frühzeitig mitdenken.
Fazit: Mit System zum Erfolg
Die externe Nachfolge im Handwerk ist anspruchsvoller als die Übergabe in der Familie - aber sie funktioniert. Die wichtigsten Erfolgsfaktoren:
Früh anfangen: Mindestens 5 Jahre vorher mit der Planung beginnen.
Wert ermitteln: Nutzen Sie kostenlose Angebote der Kammern oder unseren Online-Rechner für den ersten Überblick.
Breit suchen: Alle Kanäle nutzen - von Börsen bis zum persönlichen Netzwerk.
Profis einbeziehen: Anwalt und Steuerberater sind ihr Geld wert.
Zeit einplanen: Für die Einarbeitung des Nachfolgers ausreichend Zeit einräumen.
Eine erfolgreiche Betriebsübergabe braucht Zeit und Geduld - wie gute Handwerksarbeit auch. Mit der richtigen Vorbereitung schaffen Sie den Übergang und sichern sowohl Ihre Zukunft als auch die Ihres Lebenswerks.