Unternehmenswert berechnen mit einfacher Faustformel: Der praktische Leitfaden für Handwerksbetriebe

07.09.2025

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Als Eigentümer eines Handwerksbetriebs stehen Sie früher oder später vor dieser wichtigen Frage - ob für Verkauf, Nachfolgeplanung oder Steuerzwecke. Die gute Nachricht: Mit bewährten Multiplikator-Formeln können Sie schnell und kostengünstig eine realistische Unternehmenswertung für Ihren Handwerksbetrieb erstellen. Dieser Leitfaden zeigt Ihnen, wie Sie mit einfachen Rechenformeln eine solide Bewertung Ihres Handwerksbetriebs erhalten.

Warum sollte ich den Unternehmenswert meines Betriebs berechnen?

Früher oder später müssen Sie als Handwerker den Wert Ihres Betriebs ermitteln. Diese Frage wird spätestens relevant bei:

  • Betriebsverkauf oder Nachfolgeplanung (der häufigste Anlass, finden Sie hier unseren Leitfaden)
  • Erbschafts- und Schenkungsteuer-Ermittlung
  • Kreditverhandlungen mit der Bank
  • Scheidungsverfahren und Zugewinnausgleich
  • Versicherungsangelegenheiten

Faustformeln zur Unternehmenswertberechnung bieten einen schnellen, kostengünstigen Einstieg. Sie ersetzen zwar keine offizielle Bewertung, geben Ihnen aber eine verlässliche erste Orientierung für Verhandlungen.

Gerne können Sie auch auf unseren kostenlosen Online-Rechner zurückgreifen. Innerhalb von 10 Minuten erhalten Sie eine seriöse erste Einschätzung des Unternehmenswerts Ihres Betriebs.

Wie funktioniert die Unternehmenswert-Berechnung mit Faustformeln?

Faustformeln für die Unternehmenswertung folgen einem bewährten Prinzip: "Ähnliche Unternehmen haben ähnliche Werte." Dabei wird eine Kennzahl Ihres Handwerksbetriebs (wie Umsatz oder EBIT) mit einem branchenüblichen Multiplikator multipliziert.

Die zwei wichtigsten Formeln zur Unternehmenswert-Berechnung

1. Die Umsatz-Multiplikator-Formel

Unternehmenswert = Durchschnittsumsatz × Umsatz-Multiplikator

Für den Bereich "Bau und Handwerk" liegt der Umsatz-Multiplikator typischerweise bei 0,3.

Beispielrechnung: Ihr Betrieb hat einen Durchschnittsumsatz von 1.300.000 € (letzte 3 Jahre).

  • Unternehmenswert = 1.300.000 € × 0,3 = 390.000 €

2. Die EBIT-Multiplikator-Formel

Unternehmenswert = Durchschnittliches EBIT × EBIT-Multiplikator

EBIT steht für "Earnings Before Interest and Taxes" - also Ihr Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern. Für Handwerksbetriebe liegt der EBIT-Multiplikator häufig bei 3,2.

Beispielrechnung: Ihr durchschnittliches EBIT der letzten 3 Jahre beträgt 240.000 €.

  • Unternehmenswert = 240.000 € × 3,2 = 768.000 €

Welche Formel ist für die Bewertung meines Handwerksbetriebs richtig?

Die Wahl zwischen Umsatz- und EBIT-Multiplikator hängt von der Ertragsstärke Ihres Betriebs ab:

Verwenden Sie den EBIT-Multiplikator, wenn:

  • Ihr Betrieb überdurchschnittlich ertragsstark ist
  • Sie eine detailliertere Unternehmenswertung wünschen
  • Ihre Gewinnmargen deutlich über dem Branchenschnitt liegen

Verwenden Sie den Umsatz-Multiplikator, wenn:

  • Sie eine schnelle Orientierung für die Bewertung brauchen
  • Ihre Ertragslagen schwanken
  • Sie wenig Zeit für komplexere Berechnungen haben

Praktische Regel: Liegt Ihr EBIT-basierter Wert deutlich über dem Umsatz-basierten Wert, deutet das auf einen ertragsstarken Betrieb hin - ein gutes Zeichen für Verkaufsverhandlungen.

Schritt-für-Schritt: So berechnen Sie Ihren Unternehmenswert richtig

Schritt 1: Sammeln Sie Ihre Geschäftszahlen

Bereiten Sie die Jahresabschlüsse der letzten 3-4 Jahre vor. Sie benötigen:

  • Umsatzzahlen je Jahr
  • Jahresüberschuss je Jahr
  • Zinsaufwendungen je Jahr

Schritt 2: EBIT berechnen

EBIT = Jahresüberschuss + Zinsaufwendungen - Zinserträge

Berechnen Sie das EBIT für jedes Jahr einzeln, dann bilden Sie den Durchschnitt.

Schritt 3: Durchschnittswerte ermitteln

Addieren Sie die Werte der letzten 3 Jahre und teilen durch 3. Bei stark schwankenden Jahren können Sie neuere Jahre stärker gewichten.

Schritt 4: Multiplikatoren anwenden

  • Umsatz-Methode: Durchschnittsumsatz × 0,3
  • EBIT-Methode: Durchschnittliches EBIT × 3,2

Schritt 5: Ergebnisse vergleichen und bewerten

Betrachten Sie beide Ergebnisse. Die Werte sollten in einer ähnlichen Größenordnung liegen. Große Abweichungen deuten auf Besonderheiten Ihres Betriebs hin.

Was macht die Unternehmenswertung bei Handwerksbetrieben komplizierter?

Der "Inhaber-Faktor" bei der Bewertung

Handwerksbetriebe hängen oft stark vom Inhaber ab. Je größer diese Abhängigkeit, desto niedriger der Unternehmenswert. Faustformeln berücksichtigen das nur bedingt.

Fragen Sie sich:

  • Kann der Betrieb ohne mich weiterlaufen?
  • Habe ich wichtige Geschäftsbeziehungen persönlich aufgebaut?
  • Besitze ich Spezialwissen, das schwer übertragbar ist?

Branchenunterschiede bei der Unternehmenswert-Berechnung

Die Multiplikatoren variieren je nach Handwerksbranche erheblich:

Höhere Multiplikatoren (0,4-0,5 Umsatz / 4,0-4,5 EBIT):

  • SHK-Betriebe (profitieren von Energiewende)
  • Elektrotechnik (Digitalisierung, E-Mobilität)
  • Kälte- und Klimatechnik

Standard-Multiplikatoren (0,3-0,4 Umsatz / 3,2-4,0 EBIT):

  • Metallbau
  • Dachdecker
  • Maurer und Hochbau

Niedrigere Multiplikatoren (0,2-0,3 Umsatz / 2,5-3,2 EBIT):

  • Friseure
  • Maler (hohe Konkurrenz)
  • Fliesenleger

Betriebsgröße und Etablierung

Faustformeln funktionieren am besten bei:

  • Betrieben mit 5-50 Mitarbeitern
  • Etablierten Unternehmen (mindestens 5 Jahre am Markt)
  • Stabilen Geschäftsentwicklungen

Wann reichen Faustformeln für die Unternehmenswertung nicht aus?

Faustformeln stoßen an ihre Grenzen bei:

  • Sehr inhaberabhängigen Betrieben (oft deutliche Wertabschläge nötig)
  • Krisenzeiten oder starken Marktschwankungen
  • Betrieben mit besonderen Vermögenswerten (wertvolle Immobilien, Patente)
  • Offiziellen Bewertungsanlässen (Gerichtsverfahren, Erbschaftsteuer)

In diesen Fällen sollten Sie auf spezialisierte Bewertungsverfahren wie den AWH-Standard oder professionelle Gutachter zurückgreifen.

Praktisches Beispiel: Unternehmenswert berechnen beim Metallbaubetrieb Schmidt

Ausgangsdaten:

  • 20 Mitarbeiter, seit 1988 am Markt
  • Durchschnittsumsatz (3 Jahre): 1.336.000 €
  • Durchschnittliches EBIT (3 Jahre): 238.000 €

Bewertung mit Faustformeln:

  • Umsatz-Methode: 1.336.000 € × 0,3 = 401.000 €
  • EBIT-Methode: 238.000 € × 3,2 = 761.000 €

Interpretation: Der deutlich höhere EBIT-Wert zeigt einen ertragsstarken Betrieb. Für Verkaufsverhandlungen wäre ein Unternehmenswert zwischen 500.000-700.000 € realistisch

Häufige Fehler bei der Unternehmenswert-Berechnung vermeiden

Fehler 1: Veraltete Multiplikatoren verwenden

Multiplikatoren ändern sich mit der Marktlage. Aktuelle Werte finden Sie in Fachzeitschriften oder bei Unternehmensberatern.

Fehler 2: Außergewöhnliche Jahre nicht bereinigen

Ein Corona-Jahr oder ein Jahr mit Großauftrag sollten Sie entsprechend gewichten oder ausklammern.

Fehler 3: Substanzwert ignorieren

Bei sehr geringem Ertragswert kann der Substanzwert (Maschinen, Immobilien) höher sein. In diesem Fall gilt der höhere Wert.

Checkliste: Ist meine Faustformel-Bewertung realistisch?

Zahlen aktuell und bereinigt? Keine Einmaleffekte enthalten?

Multiplikatoren aktuell? Aktuelle Marktwerte verwendet?

Vergleichswerte plausibel? Beide Methoden liefern ähnliche Größenordnungen?

Besonderheiten bedacht? Inhaberabhängigkeit, Standort, Ausstattung berücksichtigt?

Nächste Schritte: Von der Faustformel zur fundierten Bewertung

Eine Faustformel gibt Ihnen einen ersten Anhaltspunkt - für fundierte Entscheidungen brauchen Sie mehr:

  1. Bei Verkaufsabsicht: Holen Sie sich eine professionelle Unternehmensbewertung nach AWH-Standard
  2. Bei Nachfolgeplanung: Berücksichtigen Sie auch "weiche Faktoren" wie Mitarbeiterstrukturen
  3. Bei Steuerangelegenheiten: Prüfen Sie, ob das vereinfachte Ertragswertverfahren nach BewG günstiger ist

Häufig gestellte Fragen zur Unternehmenswert-Berechnung

Wie oft sollte ich den Unternehmenswert meines Handwerksbetriebs berechnen?

Eine jährliche Überprüfung mit Faustformeln ist sinnvoll, um Trends zu erkennen. Bei wichtigen Anlässen (Verkauf, Nachfolge) sollten Sie zusätzlich eine professionelle Bewertung durchführen lassen.

Welche Rolle spielt die Inhaberabhängigkeit bei der Bewertung?

Die Inhaberabhängigkeit ist bei Handwerksbetrieben oft der wichtigste Wertfaktor. Sie kann den Unternehmenswert um 20-30% senken. Faustformeln berücksichtigen dies nur begrenzt.

Kann ich die Formel auch für sehr kleine Betriebe verwenden?

Faustformeln funktionieren am besten bei Betrieben mit mindestens 5 Mitarbeitern und stabilen Geschäftszahlen. Bei kleineren Betrieben sind oft individuelle Faktoren wichtiger.

Wie aktuell sind die Multiplikator-Werte?

Die genannten Multiplikatoren (0,3 für Umsatz, 3,2 für EBIT) basieren auf aktuellen Marktdaten. Sie sollten aber regelmäßig überprüft werden, da sich Marktbedingungen ändern.

Die wichtigsten Fakten zur Unternehmenswert-Berechnung auf einen Blick

Standard-Multiplikatoren für Handwerk:

  • Umsatz-Multiplikator: 0,3
  • EBIT-Multiplikator: 3,2

Vorteile von Faustformeln:

  • Schnell und kostengünstig
  • Einfach verständlich
  • Gute erste Orientierung

Grenzen von Faustformeln:

  • Berücksichtigen individuelle Risiken nicht
  • Keine Differenzierung zwischen Gewerken
  • Inhaberabhängigkeit schwer darstellbar

Wann Sie eine professionelle Bewertung brauchen:

  • Bei offiziellen Anlässen (Steuer, Gericht)
  • Für Verkaufsverhandlungen
  • Bei sehr inhaberabhängigen Betrieben

Diese Faustformel-Bewertung ersetzt zwar keine professionelle Analyse, gibt Ihnen aber eine solide Grundlage für wichtige Entscheidungen. Denken Sie daran: Der letztendlich erzielte Verkaufspreis wird immer durch Angebot und Nachfrage bestimmt - eine fundierte Bewertung Ihres Handwerksbetriebs hilft Ihnen aber, realistische Preisvorstellungen zu entwickeln und selbstsicher in Verhandlungen zu gehen. Finden Sie hier mehr Informationen zur Unternehmensbewertung von Handwerksbetrieben)